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MEDIZIN DER ZUKUNFT – page 184

fähig ist und sich wieder durch verbale Kom-
munikation abreagieren muß.

Für den Arzt ist es ein eindrucksvolles Erleb-
nis, einem intellektuellen Lachesis- Typ gegen-
überzustehen. Sein nie versiegender Redestrom
entwickelt sämtliche physiologischen und psy-
chologischen Erklärungsmöglichkeiten; noch be-
vor er die Symptome zu Ende beschrieben hat,
sucht er sie zu deuten, und nicht nur das, er
reflektiert sogleich auch über seine eigene
Deutung.

Jede Frage von seiten des Arztes löst bei ihm
ganze Gedankenketten aus und verwandelt das
Gespräch in einen langen Monolog.

Es handelt sich hier um eine Überreiztheit des
Gehirns, die einen Ausweg sucht und zugleich
Anerkennung wünscht. Gewöhnlich ist ein sol-
cher Patient nicht gerade bescheiden. Er erzählt,
wie chnell er den andern begreift, weIche enor-
men Erfahrungen er hat, wieviel er versteht, daß
er ein Problem aus mehreren Gesichtswinkeln
zugleich sehen kann, und ist bei all dem nicht
bereit zuzugeben, daß er andere beneidet und
auf sie eifersüchtig ist.

In Wirklichkeit kann in ihm der Verdacht auf-
steigen, daß seine Frau ihn vergiften und mit
einem Liebhaber davonziehen will. Inmitten gei-
tiger Regsamkeit streift ihn die bange Ahnung,
womöglich geisteskrank zu werden. Er läßt sich
zwar von dieser Befürchtung nicht übermannen,
ann ie aber nicht ganz abschütteln. Auch die
Angst vor Herzkrankheiten ist bei Lachesis, wie
erwähnt, eine gewöhnliche Erscheinung, und oft
erweist sie sich sogar als begründet.