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Die neue-Dimension der Medizin – page 5

Hier sei noch ein Beispiel für die Dosierungen des Penicillins genannt, die zur »Bekämpfung« der Gonorrhoe eingesetzt wurden: Nach der 1985 erschienenen fünften Ausgabe von Goodmans und Gilmans PHARMACEUTICAL BASIS OF THERA- PEUTICS betrugen sie: »Als Gonorrhoe zuerst mit Penicillin behandelt wurde, wenige Hunderttausend Einheiten (300.000 IE); je resistenter die Gonokokken sich aber entwickelten, mehrere Millionen Einheiten (4.800.000 IE Penicillin + lg Probenecid).« Dies war das Sechzehnfache der Anfangsdosis.
Es ist offensichtlich, daß Penicillin viel stärker im Körper wirksam ist, als es die Mikroben und Bakterien sind, so daß es diese immobilisiert, sobald es in den Organismus gelangt.8 Dabei errichtet Penicillin heimtückisch seine eigene Herr¬schaft im Organismus der Menschen und Tiere, die anscheinend sehr lange erhalten bleibt.
Schließlich entwickelte die chemisch-pharmazeutische Industrie immer stär¬kere Medikamente, zum Beispiel Amphotericin-B, Flucytosine, Ketoconazole und Miconazole, um die ständig sich verbreitenden Pilze zu bekämpfen. Aber um welchen Preis? Henry Simmons zog bereits 1978 das Resümee: »…iatrogene Krankheiten sind zu einem ernsten Gesundheitsproblem in den USA geworden. Dies schließt schätzungsweise zwei Millionen Infektionen durch Hospitalismus u nd viele Tausend Todesfälle in jedem Jahr ein. Wie andere bereits gezeigt haben, läßt sich eine beträchtliche Menge davon auf die unsachgemäße Verwendung um iinfektiöser Wirkstoffe zurückführen.«9
Dagegen erhoben wohl auch andere Ärzte Protest, aber kaum ein Verantwort- !i her in Lehre, Forschung und Gesundheitspolitik schenkte ihren begründeten Hinw,uiden Gehör. Henry Simmons folgert schließlich:
»Die wahre Tragödie liegt in der Tatsache, daß Experten für Ansteckungskrank lieiten seit dreißig Jahren auf diese Probleme aufmerksam machen und ver¬zweifelt nach einer Änderung rufen – fast völlig ohne Konsequenzen.«
Einige kritische Fragen stellte der anonym gebliebene Autor eines Leitartikels untei der Überschrift Ist dies medizinischer Fortschritt? im JOURNAL OF THE AMERICAN MEDICAL ASSOCIATION:
Hat der weitverbreitete Gebrauch von Antibiotika zur Entstehung neuer resistenter Bakterienstämme geführt?
-Wurde durch den Gebrauch von Antibiotika die Ökologie von >Natur-< oder >Krankenhausbakterienflora< verändert?
-Hat sich Häufigkeit und Schwere des Hospitalismus infolge des Einsatzes von Antibiotika verändert? Welche Trends sind beim Gebrauch von Antibiotika zu beobachten?
-Werden Mediziner. Patientinnen und Patienten durch die immer häufigere Verordnung von Antibiotika mit einer neuen Dimension von Gefahren konfrontiert. der man mit neuen administrativen oder erzieherischen Maßnahmen begegnen sollte?
-«Werden Antibiotika in der Praxis überhaupt korrekt angewandt?«