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Die neue-Dimension der Medizin – page 25

»empirische medizinische Praxis« oder »Erfahrungsmedizin« als den Terminus
»naturwissenschaftliche Medizin«.
Solche Kritik mag von Vorurteilen behaftet oder ungerecht klingen, beson-
derrs in den Ohren jener Wissenschaftler, die in ihren Laboratorien hart daran
arbeiten, die richtigen Antworten zu finden; aber der Vorgang läuft immer wie-
der auf gleiche Weise ab. Ein emsiger Forscher verkündet nach langwieriger,
kostenaufwendiger Arbeit, nach seinen experimentellen Ergebnissen und Erfah-
rungen »bekämpfe« das nun gefundene Medikament diese oder jene »Krankheit«
ertolgreich.
Das alles braucht keineswegs mit einem Naturgesetz übereinzustimmen. Um
des vermeintlichen Fortschritts willen nimmt man halt in Kauf, daß jemand
naturgegebene Gesetzmäßigkeiten überschreitet, eine »Koryphäe der Wissen-
chaft« sie einfach mißachtet. Schuldgefühle oder gar drohende Strafe braucht der
Betreffende nicht zu fürchten, denn er handelte ja nach »herrschender wissen-
haftlicher Erkenntnis«. Strafe zahlen erst jene Patienten, die später böse Folgen
des »unschuldig-irrend« entwickelten und von der Aufsichtsbehörde freigegebe-
nen Medikaments erleben.
Dale Console, ehemaliger Direktor der Forschungsabteilung eines pharma-
zeutischen Unternehmens, legte vor einem Senatskomitee der Vereinigten Staa-
ten von Amerika aufschlußreich Zeugnis ab:
»Es ist klar, daß viele dieser Produkte, während sie am Reißbrett konstruiert
werden, keinen Nutzen versprechen. Sie versprechen Absatz. Es geht nicht darum,
sie weiterzuentwickeln, weil sie irgendwie nützlich sein könnten … sie werden
fortentwickelt, einfach weil sie Profit bringen … Da soviel von Neuheit abhängt,
andern sich Medikamente wie die Rocklängen der Frauen, und schnelles Veralten
ist einfach ein Zeichen von Bewegung, nicht von Fortschritt. Mit etwas Glück,
dem Gefühl für den richtigen Augenblick und einem guten Werbeprogramm kann
irgendeine Menge Asafoetida mit einer besonderen Seitenkette so aussehen wie
eine Wunderdroge.
Die Illusion dauert vielleicht nicht an, aber sie währt oft lange genug. Bis der
Arzt das erfährt, was die Firma von Anfang an wußte, bietet sie bereits zwei neue
Produkte an, die das alte ersetzen … Die pharmazeutische Industrie ist einzigartig
in dem Vorzug, daß sie Ausbeutung als einen edlen Zweck erscheinen lassen
kann.«
In der Regel gelten die Annahmen des Forschers über »sein Medikament«, bis
herauskommt, daß es entweder eine Katastrophe verursacht oder seine Nebenwir-
kungen sich auf Dauer als schlimmer erweisen als die »Krankheit«, die es
eigentlich beheben sollte.
Eric W. Martin und seine Kollegen berichten: »Allein in den USA werden
jedes Jahr ungefähr 1.500.000 [5%] der 30 Millionen Krankenhauspatienten
wegen ungünstiger Medikamentenreaktionen eingewiesen. Einige Krankenhäu-
ser nahmen sogar 20% der Patienten wegen durch Medikamente herbeigeführter