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Die neue-Dimension der Medizin – page 22

testen … Fragen Sie ihren Doktor nur oft genug> Warum?-, und früher oder später
finden sie die Lücke, wo geglaubt wird. Ihr Arzt wird zu der Tatsache Zuflucht
nehmen, daß Sie unmöglich … all die Wunder verstehen können, die er beherrscht.
Deshalb -vertrauen- Sie nur – ihm.v’
Andere Autoren, die sensibel genug waren, diese aktuelle Situation zu erken-
nen, formulierten ganz ähnlich:
» … der Patient wird … als ein passiver Empfänger des Eingriffs angesehen, der
gefälligst ohne Einmischung oder Widerstand zu folgen hat, denn schließlich
weiß ja der Arzt am besten Bescheid.e"
»Ein Patient wird als funktionsuntüchtiger, unbrauchbarer Mechanismus
angesehen, und die Aufgabe der Klinik oder des Krankenhauses ist es, ihn -zu
klassifizieren, zu kasernieren und aus dem Verkehr zu ziehen.e ‘
Was die herrschende Medizin als »Erklärung« für ihre fragwürdigen Praktiken
anbot, waren krude, offensichtlich im Nachhinein entworfene Grobmuster, um
empirische Praktiken, die man in den alltäglichen Behandlungsmethoden an-
wandte, als Inbegriff des medizinischen Wissens erscheinen zu lassen. Wir wollen
derlei übliche Schablonen hier kurz skizzieren:
Seit dem achtzehnten Jahrhundert hat eine mechanistische Denkweise immer
ausschließlicher die wissenschaftliche Methodik beherrscht. Sie führte zwangs-
läufig auch zur kausalistischen Betrachtungsweise von Gesundheit und Erkran-
kung: Der Körper wurde, getrennt vom »Rest des Organismus«, wie eine Maschi-
ne bewertet, mit der Konsequenz, eine Einzelursache könne für Funktionsstörun-
gen dieser Maschine herhalten. Beispielsweise verursache ein einzelner Bakterien-
typ jene Infektionserkrankung, die den Gesamtorganismus störe. Dies war das
sogenannte Koch-Modell."
Alsbald erschien diese Betrachtungsweise zu oberflächlich, und flugs formu-
lierten .medizinische »Koryphäen« eine neue Theorie: sie erklärt jede Erkran-
kung als Defekt der Zelle, heute auf molekularer Ebene. Ein äußeres Agens oder
ein Fehler in der inneren »Maschinerie« der Zelle oder der Molekülstruktur ver-
ursache die Störung. Dies ist das funktionale Modell der Zellularpathologie des
berühmten Rudolf Virchow,"
Danach entwickelte man ein »diagnostisches Krankheitsmodell«. Diesem
zufolge wäre Krankheit eine Gesamtheit von Symptomen und, wenn Ursache und
Krankheitsgeschichte mehr oder weniger bekannt seien, könne die Behandlung
rational und spezifisch durchgeführt werden. Diese Sichtweise stand freilich im
Gegensatz zu der späteren Erkenntnis, daß jede mit einem Namen versehene
»Krankheit« vielfältige Unterforrnen aufweist."
Zwei zeitgenössische amerikanische Forscher, Herbert Weiner und George L.
Engel, ersannen schließlich zwei weitere »Modelle«. Weiner berücksichtigt
soziale, kulturelle und verhaltenspsychologische Faktoren; Engels Modell ist das
umfassendste. In der Schrift THE NEED FüR A NEW MEDICAL MODEL: A CHALLENGE FOR BLOMEDlCINE legt er seine Prinzipien dar: »Um für das Verstehen der krankheits-