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Die neue-Dimension der Medizin – page 147

Freilich, die tand zu erwarten, w eil Ja em hoher Ähnlichkeit grad zwi chen
Arzneiwirkung und Patientcnsymptornatik, also gesteigerte Empfindlichkeit bestand. Folglich mußte Hahnemann eine Möglichkeitfinden, die Verschlimmerun-
gen zu lindern oder zu verhindern. Versuchsweise reduzierte er die Dosis auf ein
Zehntel der ursprünglichen Gabe. Zwar wurden die Patientin oder der Patient auch
damit geheilt, aber die unangenehme Nebenwirkung stellte sich, wenn auch
gemildert, immer noch ein. Das Ergebnis befriedigte ihn absolut nicht. .
Also verdünnte er die Substanz weiter und verordnete dann jeweils nur einen
Bruchteil der letzten Gabe; schließlich erreichte er einen Verdünnungsgrad, daß
von der Ursprungsarznei kaum eine Spur übrigblieb. Nun bewirkte sie bei den
Erkrankten überhaupt nichts mehr.
Der Weg einfacher Verdünnung erwies sich somit als fruchtlos. Offenbar blieb
nur die Wahl zwischen zwei Übeln: Entweder enthielt das Mittel Substanz genug,
dann verschlimmerten sich die Symptome viel zu stark, oder es war zu sehr
verdünnt, um noch heilen zu können. Somit schien er am Ende seines Vermögens
angelangt, die Wiederentdeckung des Naturgesetzes similia similibus curentur
praktisch nutzen zu können.
In dieser kritischen Situation ersann Hahnemann bei seinen systematischen
Experimenten in den Jahren 1797 bis 1799 einen Ausweg, durch den die toxischen
Wirkungen des Mittels reduziert, dessen Heilkräfte aber in ungleich höherem
Maße verstärkt werden konnten. Bis jetzt ist uns unbekannt, wie er diesem cherno-
physikalischen Phänomen auf die Spur kam, das erst heute allmählich enträtsel-
und erklärbar wird. Gewiß war dabei sein subtiles Wissen um chemische, phy-
sikalische und metaphysische Zusammenhänge entscheidend.
Kurz gesagt: er schloß die jeweilige Substanz auf, indem er sie schrittweise
verdünnte oder verrieb. In kleinen Flaschen unterzog er jeden Verdünnungsschritt
zehn kräftigen Schütte/stößen mi t der rechten Hand gegen ein Lederkissen. Dabei
schützte er das Fläschchen mit dem muskulären äußeren Handrand vor dem
Zertrümmern des Glases. Die auf solche Weise bereiteten Dilutionen – Verdün-
nungen – erwiesen sich nicht nur als weniger giftig, sondern sogar weit wirksamer
als die rohe Substanz.
Dank dieser neuen Erkenntnis war ein jahrhundertealtes Problem unvermeid-
barer Nebenwirkungen gelöst. So unglaublich es schien, der einfache Prozeß von
Verreiben, Verdünnen und vorschriftsmäßigem Verschütteln einer Substanz im
Aufund Nieder gegen ein Lederkissen, verstärkte, das heißt potenzierte also die
Heilkraft, während unerwünschte Verschlimmerungen kaum noch aufkamen.
Hahnemann forschte und arbeitete unablässig weiter an diesem Verfahren.
Seine Arzneien bereitete er zunächst als Centesimalpotenzen, das heißt in
Verdünnungsschritten 1: 100, seit 1840 jedoch endgültig auf folgende Weise: er
füllte ein Drittel von 100 Gran Milchzucker in einen Porzellanmörser und gab
darauf ein Gran, das sind 0,62 mg, der zu potenzierenden Ursubstanz. Das Ganze
mischte und verrieb er bis zu 20 Minuten lang sorgfältig mit Spatel und Pistill.